Sonntag, 9. August 2015

Sauerland eXtreme

Gestern gegen 4:45 klingelte der Wecker. Erstaunlich schnell war ich aus dem Bett, hüpfte unter die Dusche und machte mich fertig. Neben einem Nuss-Müsli habe ich mir bereits am Abend zuvor einen Smoothie zubereitet, der aus folgenden Ingredienzien bestand:


  1. 6 Datteln
  2. 1 Banane
  3. 1 Zitrone
  4. 3 Esslöffel Maltodextrin 6
Schmeckt gut und gab mir einen kräftigen Zuckerschub. Das Maltodextrin 6 liefert langkettige Zucker an den Körper, die dieser über die Zeit hinweg abbauen kann. Also perfekt für die lange Einheit. Ebenso befüllte ich meine beiden Trinkflaschen, neben isostar Hydrate & Perform mit der Geschmacksrichtung Zitrone - schmeckt also ein wenig sauer, was eine super Abwechslung zu dem ganzen süßen Zeug ist -, auch mit je einem Esslöffel Maltodextrin 6 und Maltodextrin 12. In letzterem sind auch kurzkettige Zucker vorhanden und ermöglichen es dem Körper diese schnell aufzunehmen und dem Körper hinzuzugeben. Nähere Infos zu dem Teufelszeug, dazu später mehr, gibt es hier.

Nach dem Essen ins Auto und los geht's. Am Abend zuvor schon das Fahrrad soweit auseinander gebaut, musste also nur noch ins Auto geladen werden und gegen 6 Uhr war ich am Start in Dortmund-Aplerbeck. Fahrrad zusammengebaut. Pulsgurte befeuchtet. Kollegen gesucht. Gegen 6:20 waren wir vereint und standen am Ziel. Nach 50 Kilometern war in Delecke die erste Kontrolle. Ich muss gestehen, so im Nachhinein kann ich mich daran kaum erinnern. Ich weiß nur noch, dass es nass war. In der Nacht hatte es geregnet und gewittert und die Straßen waren alle nass. Da wir im zweiten Startblock waren und gegen 6:45 auf die Straße losgelassen wurden, war es auch kein Problem in eine größere Gruppe zu hüpfen. Und so erreichten wir die erste Kontrolle nach 1:39:03. Und Himmel hilf: an der Kontrolle war vielleicht die Hölle los. Hunderte Menschen drängten sich, stürzten sich auf das reichhaltige Buffet und futterten, was das Zeug hielt! Die klugen Leute nahmen, was nötig war, und schwangen sich wieder auf's Rad. Es kamen ja auch immer mehr Leute da. Da merkte man erstmal, wie viele Menschen eigentlich mitgemacht haben.


Direkt am Möhnesee gelegen. Schöner Ausblick. Immer leicht ansteigend. Aber in einer Gruppe merkt man das kaum. Aber nach der Kontrolle ging es los. Jetzt begannen die Berge. Ein Berg nach dem anderen. Bis Kilometer 85,5 bei Wehrstapel und der dortigen nächsten Kontrolle kamen die Sauerlandstraße von Niederbergheim aus, die Auffahrt  nach Hirschberg und, direkt hinter Hirschberg beginnend, die Bermecke oder wie bei STRAVA heißend, der "Plackweg Climb", hier von links nach rechts die Diagramme. Nicht steil, aber lang:



In Wehrstapel war dann die nächste Kontrolle und auch hier tummelten sich die Menschen. Des Weiteren begann an dieser Stelle meine Eigenversorgung mit Gel-Packs. Was mir auch gut geholfen hat, mir aber später noch zum Verhängnis werden sollte. Neben einer Banane und ein paar Schnitten wurde auch die erste Flasche hier aufgefüllt. Und so konnte ich mich an dieser Stelle konnte ich mich durchringen und mal ein Foto machen, damit ihr einen kleinen Eindruck davon bekommt:




Das Wetter war zu dem Zeitpunkt auch nicht wirklich der Burner. Es war recht warm, knapp über 20 Grad, aber durch die entstehende wärme und, wie man sieht, die Restfeuchtigkeit, wurde es auch ziemlich schwül. Es war nicht heiß. aber man hat geschwitzt wie ein Wasserfall!

Nach der Kontrolle ging es Richtung Winterberg. Das heißt: bergauf. Viel bergauf. Zunächst der Anstieg von Wehrstapel aus zur nächsten Kreuzung, von dort aus wiederum bergauf nach Berlar, leicht ansteigend nach Ramsbeck. Dort begann der Anstieg in Richtung Elpe, bevor in Siedlinghausen die lange Anfahrt zum Kahler Asten begann (mit der Kontrolle in Winterberg und den warmen Nudeln - aber dazu gleich mehr). Und hier die Profile, wie man merkt, mag ich die Seite "Veloviewer" (die Diagramme für den erst- und letztgenannten Berg sind noch nicht sichtbar):


Der Aufstieg nach Elpe - deutlich härter als die bisherigen!
Der Aufstieg nach Berlar

In Winterberg dann die große Rast. Warmes Essen. Nudeln mit Parmesan. Wie im Himmel! Zwischenzeitlich hatten sich die Wolken auch verzogen und die Temperatur stieg deutlich in Richtung der 30-Grad-Grenze. Neben warmen Essen gab es hier auch wieder Pudding, Cola, Apfelschorle und eine verdammte Bienen/Wespen-Plage. Leider haben nicht alle an den Trinkbehältern es mit dem Zudrehen so genau genommen, sodass sich im Rinnstein eine Apfelschorle-/Eisteepfütze gebildet hatte. Diese zog die possierlichen Tierchen natürlich nur noch umso mehr an. Keine Stiche, aber nervig waren sie trotzdem.


Ein freies Fleckchen gefunden und noch ein schnell ein Foto bevor das Essen verschlungen wird!
Mächtig was los hier oben, Plätze wurden zur Mangelware, aber es war ja warm und so war auch der Boden ein geeigneter Platz!

Dann ging es wieder los. Auf dem weiteren Weg wurde ich dann auf mein Quäldich-Trikot angesprochen und kam so mit Paul ins Gespräch, der dieses Jahr die Deutschland-Tour von Quäldich mitgemacht hat und mit dem ich bei STRAVA verlinkt bin. So trifft man die Leute auch mal im echten Leben und kann ein Pläuschchen halten. Natürlich nahmen wir dann auch noch die freiwillig Auffahrt zum Kahler Asten mit und ließen oben noch ein paar Fotos machen. Nach einiger Wartezeit ist das Foto jetzt online:



Der Kahler Asten war nach 6 Stunden reiner Fahrzeit und 126.3 Kilometern erreicht. Halbzeit also. Blauäugig wie ich war, dachte ich, dass der größte Teil jetzt geschafft sei und es jetzt eine Triumpffahrt werden würde. Selten habe ich mich so geirrt.

Die nächste Verpflegungsstation - allerdings ohne Stempel, also einfach nur, um uns zu versorgen (TOP!) - folgte nach Bad Fredeburg und dem Anstieg der Altenilper Straße, die ich bereits bei der RTF Eslohe in umgekehrter Richtung gefahren bin. Kurz vor Bad Fredeburg gab es auch noch einen kleinen unkategorisierten Aufstieg. Einer jener Aufstiege, die auf knapp einem Kilometer wieder 60 Höhenmeter machen, "Kackwellen" sind, aber auf Dauer richtig, richtig weh tun. Hier die Altenilper Straße:


Landschaftlich alles sehr schön und reizvoll, wenige Autos - immerhin sind wir hier "kurz vorm Bretterzaun" - doch leider fing hier das Wetter an zu kippen. Es zog langsam aber sicher zu, regnete aber nicht. Gott sei Dank. Dennoch fiel die Temperatur auf von 32 Grad wieder auf 19 Grad und ich war froh, meine Windweste dabei zu haben (einen Hoch auf meinen Rucksack!). Durchgeschwitzt, immer wieder rauf und runter, ohne Möglichkeit oben auf dem Anstieg richtig zu trocknen, hätte das auf Dauer sicher zu einer Erkrankung geführt.

Die nächste Kontrolle war in Grevenstein bei Kilometerpunkt 175. Bis dahin warteten noch 20 zackige Kilometer. "Zackig" nicht unbedingt in dem Sinne, dass es besonders schnell ging, sondern sehr wellig war: rauf nach Landenbeck über "Zum Felskeller", weiter nach Büenfeld über die L914 und schließlich von Wenholthausen in Richtung Grevenstein über die Grevensteiner Straße.




Diese Teilstrecke war wirklich schön: abgelegen, schöne Umgebung, netter Ausblick. Leider ließ der erste Punkt mir an einer Stelle das Blut in den Adern gefrieren. Wenn auf der abgelegenen Marathonstrecke von hinten ein Krankenwagen mit Blaulicht angehämmert kommt, dann wird einem schon mulmig. Hoffentlich war es keiner von uns.

In Grevenstein angekommen dann die drittletzte Kontrolle. Die mir zum Verhängnis wurde. Hier wollte ich mein letztes Kohlenhydratgel nehmen. Was ich während einer anderen Tour anscheinend schon geöffnet hatte, aber dann doch nicht zu mir genommen hatte. Mit anderen Worten: Ab diesem Zeitpunkt plagten mich Magenschmerzen, die mich auf den letzten Metern vor der vorletzten Kontrolle in Eisborn noch einmal beflügelten, Gas zu geben. Den Rest erspare ich euch.

Der Weg bis Eisborn war dementsprechend nicht nur durch die Magenprobleme weniger schön, sondern auch dadurch, dass es nun zwar tendenziös bergab ging, die Berge aber weniger wurden. Schon oben auf dem Kahler Asten dachte ich mir: "Moment. Es sind 4.000 Höhenmeter angesagt, davon haben wir jetzt in etwa 1900. Minus die 100 hoch zum Kahler Asten." Genau. Der Großteil der Höhenmeter wird auf dem Rück-, nicht auf dem Hinweg gemacht. Und so ging es insgesamt vier Mal auf Bergen der Kategorie 4 in Richtung Eisborn, wobei vor allem der Anstieg nach Eisborn ein elendiges Drecksteil war - aber nicht kategorisiert ist. Eine einzige Rampe, die vor einem aus dem Boden schießt und keine 700 Meter lang ist, aber durchschnittlich 9% hat. Mir kam es wie 19% vor. Nach 210 Kilometern und 40 Kilometern seit der letzten Rast, ohne essen und sehr wenig trinken ob der Schmerzen, eine einzige Qual. Das war auch der Punkt, an dem ich meine Kräfte verlor. Vorher habe ich mich wie ein beschissenes Duracell-Häschen gefühlt. Ab dann nur noch beschissen.

Die vier Berge waren keine Riesenherausforderung, taten aber dennoch weh. Nach der Kilometeranzahl tut jeder Berg weh! Der K11 Anstieg, von Endorf nach Dörnholthausen, rauf zur Mescheder Mühle (Warum sind die Mühlen eigentlich immer so weit oben gebaut? Ist nicht das erste Mal, dass so ein malerischer Name in Zusammenhang mit "Mühle" nichts anderes als: "RAUF DA!" bedeutet!) und von Beckum nach Hövel, bevor es dann nach Eisborn ging:






In Eisborn verbrachte ich ein wenig mehr Zeit als gewollt, bevor ich die letzte Rampe direkt von Eisborn heraus in Angriff nahm. Dem Magen ging es besser, aber die Aufnahme von Nahrung oder Flüssigkeit war immer noch nicht drin. Aber auch nicht weiter schlimm, da die restlichen 40 Kilometer ganz passabel abliefen. Nach der letzten Kontrolle kam noch ein Stück über eine grauenvolle Buckelpiste, auf der ich einer anderen Gruppe hinterher jagte. Alleine fahren kostete einfach zu viel Kraft. Am Hinterrad lutschend, wie eigentlich die ganze Tour über, kam ich so in Richtung Ziel. Und ich als Bochumer muss ehrlich gestehen, dass ich mich noch nie so gefreut habe, ein Schild mit der Aufschrift "Dortmund-Aplerbeck" zu sehen. Vor allem weil Aplerbeck hier mit der dortigen Psychiatrie assoziiert wird.

Am Ende der Tour standen dann folgende Daten:

- 255,3 Kilometer (neuer Rekord für mich)
- 4.120 Höhenmeter (neuer Rekord für mich)
- 25,1 Km/h im Durschnitt
- 147 bpm im Durschnitt, wobei der Puls stellenweise knapp an die 190 reichte

Perfektes Tempotraining für mich also! Und zur Belohnung die Tortour überstanden zu haben, habe ich gleich noch einmal das Trikot samt Hose geordert. Wenn schon, denn schon. Auf der nach Hause fahrt schlief ich dann drei Mal ein. Gut, dass ich nicht gefahren bin!

Gegen 21:00 am Abend hatte der Magen sich soweit wieder beruhigt, dass ich ein wenig essen konnte und um 23:30 habe ich geschlafen. Punkt 12 Stunden später bin ich aufgewacht. Selten war ich so im Eimer.

Für mich kann ich nur eine einzige Konsequenz daraus ziehen: Nächstes Jahr wieder!

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